Wildfütterung im Winter
Rotwild richtig füttern
Die Winterfütterung von Rotwild soll verloren gegangene Lebensräume ersetzen und zu einer zweckmäßigen Lenkung des Wildes beitragen, um Schäden an gefährdeten Kulturen abzuwenden.
Die Größe des Streifgebiets von Rotwild ist durch die fortwährende Zerschneidung von Lebensräumen nicht mehr überall ausreichend. Winterfütterungen können hier Abhilfe schaffen und gleichzeitig Wildschäden verhindern. Um das wanderfreudige Schalenwild an räumliche Bereiche zu binden, muss die Winterfütterung professionell durchgeführt werden und sollte immer Teil eines Gesamtkonzeptes sein.
Jahreszeitliche Unterschiede
Unter den Wildwiederkäuern gehört Rotwild zu den sogenannten Intermediärtypen bzw. Mischäsern mit deutlicher Tendenz zum Grasfresser. Es ist bei der Futterauswahl weniger selektiv als Rehwild und hat einen größeren Pansen.
Durch das höhere Fassungsvermögen und die geringere Passagerate des Futters benötigt Rotwild daher weniger Äsungsperioden. Wie bei allen Wiederkäuern, ist bei Rotwild darauf zu achten, dass die eingesetzten Futtermittel ausreichend struktur- und faserreich sind. Um Wildschäden abzuwenden, müssen sie zudem qualitativ hochwertig und schmackhaft sein.
In den Herbst- und Wintermonaten ändert sich beim Rotwild neben dem Energieverbrauch, der durch ein Absenken der Körpertemperatur reduziert wird, auch der Eiweißbedarf. Untersuchungen zeigen, dass der durchschnittliche Rohproteingehalt von Naturäsung im Winter auf etwa die Hälfte des Sommerniveaus sinkt – von etwa 27 % im Juli auf ca. 16 % im Jänner. Der Rohfaseranteil verhält sich gegenläufig und ist in der ruhenden Wintervegetation deutlich höher. Dementsprechend sollten auch die im Winter eingesetzten Futtermittel ausgewählt werden.
Anderenfalls kompensiert das Rotwild die übermäßigen Proteine und zu geringen Rohfaseranteile durch eine vermehrte Aufnahme von eiweißärmerer Naturäsung.
Bedarfswerte geben Orientierung
Angaben zum Energie- und Nährstoffbedarf in der Literatur, welche in Fütterungsversuchen ermittelt wurden, können als wertvoller Anhaltspunkt dienen.
Bei der Zusammenstellung der Rationen sind zusätzlich regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Eine Phasenfütterung, welche den physiologischen Anpassungen des Tieres während der Fütterungsperiode Rechnung trägt, hat sich in der Vergangenheit als zielführend erwiesen.
Um eine effiziente räumliche Lenkungswirkung bzw. höhere Futteraufnahmen zu erreichen, eignen sich Futtermittel, die nicht als Hauptfuttermittel zum Einsatz kommen. Beispielsweise kann Apfeltrester, der getrocknet verfüttert oder mit Maissilage und Biertreber mitsiliert wird, in Kombination mit Heu ein derartiges Lockfutter darstellen.
Grundfutter bildet die Basis
An wirtschaftseigenen Grundfuttermitteln kann beim Rotwild hygienisch einwandfreies Heu mit ca. 1,9 bis 3,0 kg Frischmasse (FM) je Tier und Tag als Alleinfutter eingesetzt werden, sofern die Temperaturen über 5 °C liegen. Bei kälteren Bedingungen steigt der Energiebedarf um ca. 30 %, bei unter -5°C sogar um bis zu 50 %. Grassilage kann zur Deckung des Rohfaser- und Eiweißbedarfs – je nach Winterfütterungsphase – in unterschiedlichen Anteilen (20 bis 40 %) mit ca. 1,8 bis 3,6 kg FM gefüttert werden. Zum Ausgleich des Energiebedarfs empfiehlt sich ergänzend der Einsatz von Getreide bzw. Getreidemischungen, Trockenschnitzeln oder Kraftfutter.
Bei der Fütterung von 20 bis 40 % Maissilage als Rationskomponente zu Heu werden ebenfalls Vorlagen von ca. 1,8 bis 3,6 kg FM angegeben.
Heu/Gras-/Maissilage-Rationen sind ebenfalls möglich. Bei hohen Maissilageanteilen kann über andere Futterkomponenten ein Eiweißausgleich erfolgen.
++…empfohlen +/-…wenig geeignet
+…geeignet -…nicht geeignet
Eignung als Hauptfuttermittel
++ Heu – 1. Schnitt (im Frühjahr 2. Schnitt und später): rohfaserreich
++ Grassilage – 1. Schnitt: rohfaserreich
+ Luzerneheu: rohfaser- und eiweißreich
+ Kleeheu: eiweißreich
+ Grassilage – 2. Schnitt und später: eiweißreich und leicht verdaulich
+ Ganzpflanzen-Maissilage: energiereich und rohfaserbetont
+ Rüben: wasser- und energiereich, rohfaserarm
+/- Körnermaissilage, Hafer in Spelze, Apfeltrester, Biertreber und Schlempen (ungetrocknet)
– Kartoffeln, Körnermais, Gerste/Weizen/Triticale/Hafer, Futterbohnen, Erbsen, Extraktionsschrote (Soja, Raps, Sesam)
Weitere mögliche Futtermittel
Bei der Verfütterung von weiteren Futtermittelkomponenten ist zu beachten, dass durch die Kombination mit strukturiertem Grobfutter eine ausreichende Wiederkautätigkeit gewährleistet sein muss.
Hackfrüchte wie Kartoffeln oder Futterrüben können in der Futterration in Anteilen von bis ca. 0,6 bis 0,7 kg Trockenmasse (TM) eingesetzt werden. Auch Pressschnitzel haben aufgrund ihres hohen Wassergehalts eine geringe Haltbarkeit und werden in Anteilen von 0,7 bis 0,8 kg TM je Tag verfüttert. Biertreber sind ein eiweißreiches Futter, welches mit bis zu 0,9 kg TM energiereiche Rationen ausgleichen kann. In geringen Mengen von 0,2 bis 0,3 kg pro Tier und Tag eignet sich auch Soja- oder Rapsschrot als Eiweißträger.
Zur Deckung des Energiebedarfs können alle Getreidearten verwendet werden. Körnermais wird am liebsten aufgenommen, gefolgt von Weizen, Gerste und Hafer. Bei der Rationsumstellung muss mit kleinen Mengen Getreide von ca. 150 g je Tier und Tag begonnen werden, um Verdauungsstörungen vorzubeugen.
Der Einsatz von Pansenpuffern oder Mineralstoffmischungen mit Puffersubstanzen kann in solchen Fällen unterstützend wirken. Trockenschnitzel werden sehr gerne gefressen, sind bei trockener Lagerung lange haltbar und können wie Getreide in der Futterration eingesetzt werden.
Rationsberechnungen empfehlenswert
Da die Literaturangaben zur geschätzten Futteraufnahme des Rotwilds (durchschnittlich 2 bis 4 kg, aber auch bis zu 7 kg TM) einerseits in Trockenmasse und andererseits in Abhängigkeit des Körpergewichts erfolgen, empfiehlt es sich, Rationen entsprechend den jeweils zur Verfügung stehenden Futtermitteln und den örtlichen Gegebenheiten (Revier, Rotwildbestand, jagdgesetzliche Regelungen) von Wildfutterspezialisten berechnen zu lassen. Je nach Gewicht kann der tägliche Bedarf für ein Tier bzw. ein Rudel gut abgeschätzt werden. Darüber hinaus beeinflusst die Zielsetzung hinsichtlich der Lenkung des Rotwildes einzelne Fütterungsmaßnahmen.
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Aktualisiert am 19. August 2024